Die „Furcht des Herrn“ ist ein Ausdruck, der manchem vielleicht ein wenig martialisch vorkommt. Dabei beschreibt er ein grundlegendes Prinzip von Lieben und Geliebt-werden und davon, wer wirklich weise ist.
Heute schreibe ich über die Weisheit.
Anlass dafür ist ein wunderbarer Vers aus dem Buch Hiob:
Gott spricht zum Menschen: „Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und vom Bösen weichen, das ist Einsicht!“
(Hiob 28, 28; Schlachter)
Frage: Was verstehen wir unter der „Furcht des Herrn“?
Zunächst, Furcht hat in diesem Kontext nichts mit Angst zu tun. Gott möchte nicht, dass wir Angst vor ihm haben. Er liebt uns und er will, dass wir ihn auch lieben. Etwas, vor dem wir Angst haben, können wir nicht lieben.
Angst und Liebe schließen einander aus.
Furcht in diesem Zusammenhang verstehe ich eher als die Kurzform für „Ehrfurcht“. Gott ist kein Kumpel von uns. Wir können nicht auf Facebook mit ihm befreundet sein und ganz sicher würde er uns auf Twitter oder Insta nicht „followen“, da könnten wir noch so schöne Bildchen von Bibelversen posten.
Er ist uns so hoch überlegen, dass wir uns hüten sollten, uns auch nur im kleinsten Detail „gleichwertig“ oder „gleichgestellt“ zu fühlen. Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde und souveräner Herrscher über seine Schöpfung inklusive uns selbst, denn wir sind seine Geschöpfe. Von A bis Z und in jeder Hinsicht sind wir von ihm abhängig.
Gott ist alles und wir? Ohne Gott sind wir nichts.
Ich habe einen Hauskreis im Altenheim. Da sitzen wir einen großen Teil der Zeit zusammen und singen „uralte“ Lieder. Meist steht der Autor des Textes dabei und seine Lebensdaten, die sich im Zeitraum vom 17. bis 19. Jahrhundert bewegen. Der jüngste, an den mich jetzt erinnere, ist um 1842 gestorben.
Also wirklich alte Lieder …
Und ich singe sie gern, sie sind ein beachtenswertes Kontrastprogramm zu unserem Lobpreis heutzutage. Sie spiegeln mehr das Verständnis wider, dass Gott tatsächlich GOTT ist und wir, nun ja, Menschen …
Hier ein Ausschnitt aus: „Ich bete an die Macht der Liebe„:
Ich bete an die Macht der Liebe,
die sich in Jesus offenbart;
ich geb’ mich hin dem freien Triebe,
wodurch ich Wurm geliebet ward;
ich will, anstatt an mich zu denken,
ins Meer der Liebe mich versenken.
(Geschrieben von Gerhard Tersteegen, 1697 – 1769.)
(Komisch, nicht wahr? Mir fällt gerade auf, dass die einzelnen Zahlen von Geburts- und Todestag identisch sind, nur die Reihenfolge wechselt.)
Wie auch immer …
Zu erkennen, dass ich im Verhältnis zu Gott wie „ein geliebter Wurm“ bin, fördert den Glauben:
- Das Verständnis, im Verhältnis zu ihm ein „Wurm“ zu sein, fördert die Demut und wahrt den ‚ehrfurchtsvollen Abstand‘ zum Vater.
- Und die Gewissheit, von ihm geliebt zu sein, fördert Dankbarkeit, Hingabe, Liebe … und eigentlich alles, was Gott wichtig ist.
So stehen wir mit diesem Verständnis ehrfürchtig vor Gott und können seine Liebe erwidern.
Ist das nicht großartig?
Ist das nicht eines der größten Wunder überhaupt: Die Tatsache, dass Gott uns so sehr liebt?
Er will uns alle retten, jeden einzelnen Menschen.
Deshalb lass mich heute mit einer zweiten Frage enden: Was ist Weisheit?
Weisheit ist die Erkenntnis, dass wir Rettung brauchen und dass wir sie in Gottes Liebe finden. Weise ist, wer nach dieser Erkenntnis lebt.
Alles andere ist nur das buchstäbliche „Stühlerücken auf der Titanic“.
Der Jesus-Journalist ✍🏻